Eine Schwangerschaft und die Geburt sind gewaltige Erfahrungen für Frauen, ganz egal, ob sie das erste oder das dritte Kind erwarten. Auf der einen Seite steht die Vorfreude darauf, bald Mama zu werden, auf der anderen Seite stehen aber auch Ängste, Sorgen und Unsicherheiten vor dem, was auf sie zukommt. Eine individuelle, erfahrene Begleitung kann für schwangere Frauen und ihre Partner auf dem Weg durch Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett daher Gold wert sein. Immer mehr Frauen nehmen aus diesem Grund die Dienstleistung von Doulas in Anspruch. Aber welche Aufgaben erfüllt eine Doula und wie kann diese werdende Mütter und deren Partner genau unterstützen? REVIERkind hat sich mit dieser in Deutschland noch nicht sehr bekannten Art der Geburtsbegleitung näher beschäftigt. Unter anderem hat uns Melanie Schöne, selbst Doula und Gründerin des Vereins „Doulas in Deutschland“, ein Interview zum Thema gegeben.
Die Bezeichnung „Doula“ kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet so viel wie „Dienerin“, in diesem Zusammenhang also „Dienerin der Frau“. Eine Doula ist eine geburtserfahrene Frau, die Schwangeren vor, während und nach der Geburt als persönliche Begleiterin zur Verfügung steht. Die Aufgabe der Doula ist es vor allem, die Schwangere zu stärken, sie während der Schwangerschaft zu begleiten, sie individuell auf die Geburt in Kliniken, Geburtshäusern und bei Hausgeburten vorzubereiten und kontinuierlich während der gesamten Geburt zu unterstützen. Doulas haben jedoch keine medizinische Funktion. Sie ersetzen also weder Hebamme noch Arzt, sondern ergänzen deren Arbeit. Die Leitung der Geburt und alle damit verbundenen Entscheidungen, Pflichten und Kompetenzen liegen ganz klar bei Hebamme und Arzt. Die Doula ist in ihrer ununterbrochenen Anwesenheit während der Geburt – egal, wie lange diese dauert – für die Gebärende eine kontinuierliche Vertrauensperson. Vor allem für Frauen, die unter Geburtsangst leiden, kann eine solche Geburtsbegleiterin die richtige Hilfe sein. Das kann auch schwangeren Frauen helfen, die beispielsweise nach einem Geburtstrauma Angst vor der zweiten Entbindung haben. Doulas begleiten auch besondere Geburten wie Früh-, Fehl- und Totgebuten und Frauen in besonderen Lebenssituationen wie junge Mütter, Frauen ohne Partner, Frauen mit Missbrauchs- oder Gewalterfahrung. Sie verfügen über ein großes Netzwerk rund ums Eltern-Werden und Eltern-Sein.
Eine Doula bezieht die Partner mit ein
Eine Doula unterstützt sowohl die werdende Mutter als auch deren Partner oder ersetzt diesen, wenn er bei der Geburt nicht anwesend sein kann oder möchte. Ist der Partner vor Ort, hilft sie ihm dabei, seine Rolle während der Entbindung zu finden beziehungsweise bestmöglich für die gebärende Frau da zu sein. Außerdem ermöglicht ihre Anwesenheit, dass sich der Partner ohne schlechtes Gewissen zurückziehen kann, wenn mal eine Pause notwendig ist.
Ausbildung zur Doula
Laut dem Verein „Doulas in Deutschland e.V.“ sollte eine Doula eine qualifizierte, anerkannte Ausbildung durchlaufen und kann sich zertifizieren lassen. Melanie Schöne bietet eine Ausbildung mit anschließender Zertifizierung durch „Doulas in Deutschland e.V.“ an. Voraussetzungen für die Teilnahme zur Doula-Geburtsbegleiterin sind: Lebenserfahrung von mindestens 25 Jahren, die Möglichkeit, eine 24-stündige Rufbereitschaft rund um den Geburtstermin abzudecken, Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit, körperliche und seelische Belastbarkeit, zudem ist eine eigene Geburtserfahrung wünschenswert. Wer sich für die Ausbildung interessiert, findet weitere Informationen unter: www.doula-ausbildung.de.
Für werdende Mamas:
Auf der Webseite unter www.doulas-in-deutschland.de können Interessierte Doulas in ihrer Nähe finden.
Doulas in Deutschland e.V.
„Doulas in Deutschland e.V.“ ist ein Netzwerk von ausgebildeten Doulas und besteht seit 2008. Der Verein ist einerseits in der Öffentlichkeitsarbeit tätig, andererseits zertifiziert er aktive Doulas und bietet Fortbildungskurse an.
INTERVIEW
Melanie Schöne hat 2008 den Verein „Doulas in Deutschland e.V.“ gegründet. Dort finden Inte[1ressierte Doulas in ihrer Nähe und Informatio[1nen zur Begleitung rund um Schwangerschaft, Geburt und Familienzeit. Im Interview erzählt Melanie Schöne uns, was hinter dem Verein steckt, worin sich der Beruf Doula vom Hebammenberuf unterscheidet und welche Vorteile es bietet, unter Anwesenheit einer Doula zu gebären:
Liebe Frau Schöne, Sie haben 2008 den Verein Doulas in Deutschland e.V. gegründet. Was war Ihre Motivation dahinter und wie ist der Verein entstanden?
Zu Beginn des Jahres 2008 habe ich das erste Mal eine Doula-Ausbil[1dung initiiert und geleitet. Mit den ersten Teilnehmerinnen haben wir in der Ausbildungszeit entdeckt, dass es auch Schwangere gibt, die über geringe finanzielle Mittel verfügen und für die eine Finanzierung der Doula nicht möglich ist. Da es uns wichtig war, dass JEDE FRAU eine Doula haben kann, haben wir die Möglichkeit schaffen wollen, dass auf Antrag der Verein eine Doula finanzieren kann. Ebenfalls war uns wichtig, alle Doulas in Deutschland unter einem Dach zu vereinen und über eine Zertifizierung einheitliche hohe Standards zu etablieren. Die dritte Säule unseres Vereinszwecks ist die Öffentlichkeitsarbeit, sodass alle Schwangeren davon erfahren, dass sie die Möglichkeit haben, eine Doula zu engagieren, wenn sie ein PLUS an Unterstützung und Begleitung wünschen. Weiterhin haben wir mittlerweile die Möglichkeit geschaffen, dass eine Frau nach einer Fehlgeburt (oder Totgeburt) die ehrenamtliche Begleitung durch eine Doula des Vereins beantragen kann.
Was ist eine Doula und worin unterscheidet sie sich von einer Hebamme?
Doulas begleiten Gebärende durch die kontinuierliche Anwesenheit während der Geburt. Ihr Anliegen ist es, die Gebärende achtsam und liebevoll auf ihrem Weg zu begleiten und für ihr Wohlbefinden zu sorgen, unabhängig vom Geburtsort, ob Geburten in Klinik, Geburtshaus oder Hausgeburten. Die Doula beurteilt dabei als medizinische Laiin das Vorgehen von Fachleuten nicht. Das Plus der Doula während der Geburt ist ihre kontinuierliche Anwesenheit, bis das Baby geboren ist, wohingegen Klinik-Hebammen häufig mehrere Gebärende gleichzeitig betreuen und dem Schichtdienst unterliegen. Die Effekte von kontinuierlicher Geburtsbegleitung wurden in der Studie „Kontinuierliche Unterstützung für Frauen während der Geburt“ (Continuous Support, Hodnett, ED.; Gates, S.; Hofmeyr, GJ.; Sakala, C. 2003) nachgewiesen. Zusätzlich zur Erforschung der allgemeinen Effekte kontinuierlicher Geburtsbegleitung prüfte die Untersuchung die Effekte dieser Unterstützung unter verschiedenen Umständen. Die Auswirkungen waren größer, wenn die Person keine Klinikangestellte war, sondern ausdrücklich zuständig für die Betreuung der Gebärenden. Verglichen mit Frauen ohne kontinuierliche Betreuung liefen jene, die eine kontinuierliche Unterstützung hatten, bedeutend weniger Gefahr, einen Kaiserschnitt zu haben oder andere Interventionen zu brauchen. Die Doula ist kein Ersatz für eine Hebamme, sie ist eine Ergänzung mit eigenen Schwerpunkten in ihrer Dienstleistung für Mütter und ihre Partner.
Warum profitieren Schwangere von der Unterstützung einer Doula?
Die Doula-Geburtsbegleiterin ist eine vertraute und geburtserfahrene Frau, die immer ein offenes Ohr für die Schwangere hat, ihr zuhört, für sie da ist, eine Massage oder eine Entspannungsübung anbietet. Ihr Ziel ist es, die Eigenkompetenz und das Selbstvertrauen der Schwangeren und ihres Partners zu fördern und die Mutter-Kind-Verbindung zu stärken. Durch die Gespräche mit der Doula erhält die Schwangere neuen Input, welche Wünsche und Bedürfnisse sie hat und vielleicht auch, welche „No-Go’s“ sie hat.
Was kostet eine Doula-Betreuung?
Das Rundum-Angebot einer Doula beinhaltet meist 2-3 Treffen vor der Geburt, 24-stündige Rufbereitschaft rund um den erwarteten Geburtstermin, die kontinuierliche Begleitung der Geburtsreise, ein individueller Geburtsbericht und 1-2 Besuche am Wochenbett. Je nach Umfang des Doula-Angebots, der jeweiligen Region und Erfahrung der Doula, ist mit einem Honorar von 700-1.200 € zu rechnen.
Welches Ziel möchte Doulas in Deutschland e.V. letztendlich mit seiner Hilfe erreichen?
Hier kann ich nur unser berühmtes Ehrenmitglied, die Hebamme Ina May Gaskin, zitieren: „Peace on earth begins at birth.“ Als Doula Geburtsbegleiterinnen wollen wir einen Beitrag für eine sichere Geburt, eine liebevolle Begleitung der Gebärenden und ein sanftes Ankommen des Babys in den Armen seiner Eltern leisten. Das Sicherstellen dieser drei Punkte führt unserer Erfahrung nach zu einem physiologischen, gesunden Familienerleben rund um Geburt und stärkt so die Bindung zueinander.
Weitere Infos: www.doulas-in-deutschland.de