Vegan ernähren – Rein pflanzlich in Schwangerschaft und Stillzeit
1,58 Millionen – so viele Menschen ernähren sich Schätzungen zufolge in Deutschland vegan. Besonders junge Frauen entscheiden sich für die rein pflanzliche Ernährung. Vieler dieser Frauen wünschen sich, auch während der Schwangerschaft und der Stillzeit den veganen Lebensstil beizubehalten. Doch wie steht es um die Risiken für Mutter und Kind?
DGE empfiehlt vegane Ernährung nicht
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt eine rein pflanzliche Ernährung in der Schwangerschaft nicht. Gegen eine gesunde, ausgewogene ovo-lakto-vegetarische Ernährung hingegen spreche nichts, weil wichtige Nährstoffe über Eier und Milchprodukte zugeführt werden. Bei der rein pflanzlichen, also veganen Ernährung sieht die DGE allerdings das große Risiko eines möglichen Nährstoffmangels.
Ernährungswissenschaftler Dr. Markus Keller gibt aber in seinem gemeinsam mit Ökotrophologin Edith Gätjen erschienenen Buch „Vegane Ernährung: Schwangerschaft, Stillzeit und Beikost“ zu bedenken, dass besonders zu veganer Ernährung in der Schwangerschaft noch erheblicher Forschungsbedarf bestünde. Solange vegane Ernährung sorgfältig geplant und auf kritische Nährstoffe geachtet würde, gäben die bisherigen Studien keinen Anlass zur Sorge.
Kritische Nährstoffe und Nahrungsergänzungsmittel
Eine vegane Ernährung während der Schwangerschaft birgt hauptsächlich das Risiko einer unzureichenden Versorgung mit essenziellen Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. Unabhängig von der Ernährungsweise zählen zu den kritischen Nährstoffen für Schwangere und Stillende die Vitamine A, D, B2, B6 und Folat, die Mineralstoffe Eisen, Jod, Kalzium, Zink, Magnesium sowie Omega3-Fettsäuren. Hinzu kommt laut Keller und Gätjen Vitamin B12 als „das kritische Vitamin in der veganen Ernährung“. Besteht in der Schwangerschaft eine Unterversorgung mit Vitamin B12, kann das zu Störungen der Blutbildung und neurologischen Fehlbildungen führen. Aus diesem Grund empfiehlt auch die DGE dieses Vitamin in der Schwangerschaft und Stillzeit zu supplementieren.
Möchte die frischgebackene Mama stillen, dann benötigt sie mehr Eiweiß als sonst. Ein Nährstoffmangel kann das Wachstum und die Entwicklung des ungeborenen Kindes beeinträchtigen. Wichtige Eiweißquellen sind zum Beispiel Hülsenfrüchte (inkl. Sojaprodukte wie Tofu), Getreide, Kartoffeln und Nüsse. Sowohl Vitamin D als auch Vitamin B12 sollten bei gestillten Kindern veganer Mamas supplementiert werden, so Keller und Gätjen. Das kann beispielsweise über Tropfen oder Sprays erfolgen.
Folsäure und Magnesium hingegen sind bei Veganern seltener ein Problem. Durch den hohen Anteil an Rohkostgemüse, Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten in der veganen Ernährung kann der Mehrbedarf in der Stillzeit gut gedeckt werden.
Vegan stillen
Muttermilch gilt nach Definition als vegan und sollte daher nicht unbedacht durch beispielsweise Sojadrinks oder andere Alternativen ersetzt werden. Der Säugling kann so nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt werden. Auch von den Versuchen, vegane Babynahrung selbst herzustellen, ist dringend abzuraten. Kann oder möchte die Mutter nicht stillen, bleibt ihr auf dem deutschen Markt keine große Auswahl an veganer Säuglingsnahrung. Lediglich zwei Produkte auf Sojabasis sind derzeit verfügbar. Ob diese Ersatznahrungen geeignet sind, wird laut DGE unterschiedlich diskutiert.
Beratung statt prophylaktischer Supplementation
Allgemein gilt: Vegan lebende Frauen mit Kinderwunsch sollten ihren Gynäkologen frühzeitig darüber informieren, um mögliche Nährstoffmängel vor der Schwangerschaft auszugleichen. Auch sollten regelmäßig die Blutwerte überprüft und eine Ernährungsberatung zu Rate gezogen sowie das Baby regelmäßig dem Kinderarzt vorgestellt werden.
Von Vanessa Wobb
BUCHTIPP:
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Markus Keller & Edith Gätjen | Ulmer Eugen Verlag | 28 Euro | ISBN: 978-3-8186-1286-3
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