Das Familienmagazin fürs Ruhrgebiet

Suche
Close this search box.

Ernährung: Alles Bio oder was?

Bildnachweis: ©Romario Ien – Fotolia.com

Seit Jahren steigt die Nachfrage nach Bio-Produkten in Deutschland. Auch viele Familien greifen im Supermarkt immer häufiger zu den ökologischen Produkten. REVIERkind hat bei Elmar Seck, Mitarbeiter im Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN), einmal nachgefragt, warum es sinnvoll ist, auf Bio-Produkte zurückzugreifen.

Herr Seck, mal ganz allgemein gefragt: Warum ist die ökologische Landwirtschaft überhaupt besser als konventionelle?

Für mich sind das viele Aspekte. So gibt es beispielsweise viele Studien, die zeigen, dass der ökologische Landbau besser für die Umwelt ist – für die Böden, die Luft, die Artenvielfalt. Es ist einfach die nachhaltigste Form der Landwirtschaft. In der konventionellen Landwirtschaft dürfen chemisch-synthetische Pflanzenschutz- und Düngemittel angewendet werden. Diese können potenziell auch ins Grundwasser gelangen und müssen dort wieder rausgeholt werden. Das ist ziemlich teuer. Bei Pflanzenschutzmitteln wissen wir zwar, wie die einzelnen chemischen Stoffe, wirken – nicht aber, wie sie in Kombination wirken. Deshalb ist es vermutlich besser, diese weitestgehend zu vermeiden.

Ist es für Familien besser, ökologische Lebensmittel zu verwenden?

Ich würde es jedem empfehlen – nicht nur Kindern oder Schwangeren. Wir können feststellen, dass sich viele Menschen dann Gedanken um die Ernährung und ihr Konsumverhalten machen, wenn sie Eltern werden. Ein Grund, sich für eine möglichst ökologische Ernährung zu entscheiden, ist häufig auch, dass Lebensmittelzusatzstoffe möglichst vermieden werden sollen. Auch möchten viele Menschen mit dem Kauf von Bioprodukten die Lebensgrundlage, also Wasser, Boden, Artenvielfalt, etc., in besonderer Weise schützen. Der besondere Tierschutz wird auch sehr häufig als Kaufgrund genannt.

Woran erkennt man denn Bio-Produkte?

Die Frage wird uns immer wieder gestellt. Schon seit vielen Jahren ist es Gesetz: Mit „Öko“ oder „Bio“ dürfen nur Lebensmittel gekennzeichnet werden, die den EU-Rechtsvorschriften zum ökologischen Landbau entsprechen. Seit 1992 ist der Standard für pflanzliche Lebensmittel strikt definiert, seit dem Jahr 2000 auch der für die Tierhaltung. Alle verpackten Biolebensmittel tragen das EU-Bio-Logo. Außerdem gibt es noch das sechseckige deutsche Bio-Siegel. Das ist bekannter als das EU-Bio-Logo, die Nutzung ist jedoch freiwillig. Letztendlich basieren aber beide auf den EU-Rechtsvorschriften zum ökologischen Landbau.

Was können Verbraucher denn machen, wenn ihnen die Standards, die die EU für ökologische Landwirtschaft vorgibt, nicht reichen?

Dann kann man auf die Lebensmittel der biologischen Anbauverbände, wie etwa Bioland, Naturland oder Demeter, zurückgreifen. Diese haben eigene Standards, die in Teilen über die Vorschriften der EU hinausgehen, etwa noch mehr Platz in der Tierhaltung vorschreiben und noch weniger Zusatzstoffe erlauben. Ein weiterer Unterschied ist, dass bei den deutschen Anbauverbänden der ganze Betrieb ökologisch bewirtschaftet werden muss.  Nach den EU-Rechtsvorschriften ist auch eine Teilumstellung erlaubt. Es können also Betriebszweige ökologisch, andere konventionell geführt werden

In dem Zusammenhang mit Bio-Produkten finden sich auch immer wieder Begriffe wie „regional“ oder „saisonal“. Was bedeuten diese?

„Regionale“ Produkte sind in den letzten Jahren tatsächlich modern geworden. Der Begriff wird allerdings sehr unterschiedlich definiert und es ist nicht  immer klar, in welchem Umkreis die Produkte erzeugt werden müssen, um als regional zu gelten. „Saisonal“ beschreibt das Obst und Gemüse, das aktuell in der Region wächst. Aber beide Begriffe heißen nicht automatisch, dass die Produkte ökologisch angebaut wurden. Nur, wenn ein Produkt als Bio-Produkt gekennzeichnet ist, kann man sicher sein, dass es ökologisch erzeugt wurde. Ich versuche immer, ökologische Produkte aus der Region zu kaufen.

Apropos kaufen: Wo beziehen Verbraucher ihre Produkte am besten?

Bioprodukte kann man mittlerweile überall kaufen: im Discounter, im Supermarkt, im Bioladen, auf dem Wochenmarkt oder direkt beim Landwirt. Wichtig ist, auf die Biokennzeichnung zu achten!

Gerade bei Familien ist das Geld häufig knapp. Sind Bio-Produkte denn unbedingt teurer als konventionelle?

Wenn man auf regionale-saisonale Bioware zurückgreift, ist diese meist gar nicht viel teurer. Wenn man im Winter Bio-Paprika kaufen will, die nicht bei uns wächst, dann ist das natürlich teuer.

Bio-Produkte gibt es mittlerweile auch beim Discounter. Wie sieht es damit aus?

Bei vielen Discountern gibt es mittlerweile auch Bio-Produkte. Die Auswahl ist nur etwas geringer. Aber beispielsweise Bio-Möhren haben dort seit vielen Jahren einen Riesenabsatz.  Produkte, die mit dem Begriff „Bio“ oder „Öko“ gekennzeichnet sind und das EU-Bio-Logo-tragen, unterliegen immer den gleichen Rechtsgrundlagen: den EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau.

Gibt es etwas, das Verbraucher beim Kauf von ökologischen Produkten noch beachten sollten?

Letztendlich sollte man sich auch immer fragen: Woher kommt die Kartoffel, die ich da einkaufe? Kommt sie beispielsweise aus einem Land, in dem zum Beispiel das Wasser knapp ist, sollte man vielleicht doch lieber die Finger davon lassen. Die Entscheidung muss jedoch jeder für sich treffen.

Haben Sie Tipps, wie Familien Bio-Lebensmittel gut in den Speiseplan aufnehmen können?

Tatsächlich würde ich allen Familien empfehlen, möglichst viel selbst zu kochen. Das geht auch mit wenig Zeit. Wenn man regionale-saisonale Ware kauft, schmeckt das meist auch besser. Denn, dass eine Tomate im Dezember eher geschmacksarm ist, ist klar. Und es lohnt sich, die Kinder mitkochen zu lassen. Am Anfang ist das vielleicht noch etwas chaotisch, aber irgendwann klappt das ganz gut.

Worauf muss man denn achten, wenn man selbst Gemüse anbauen will?

Ich finde, es ist eine fantastische Sache mit Kindern zu gärtnern. Sie lernen, wann was wächst und wie schwierig es ist, Gemüse und Obst anzubauen. Das schafft Wertschätzung für Landwirtschaft und Lebensmittel. Gerade beim Gärtnern mit Kindern würde ich jedoch auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel verzichten.

 

Der Agrarwissenschaftler und Vater zweier Töchter Elmar Seck arbeitet seit 14 Jahren für das Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN). Das Programm wurde 2001 gegründet. Es setzt sich für die Stärkung und Ausdehnung der ökologischen und nachhaltigen Landwirtschaft ein und fördert die Forschung und den Wissenstransfer in diesen Bereichen. Finanziert wird es vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.

Tipp: Auf der Homepage des Bundesprogramms (www.oekolandbau.de) können in der Rubrik „Service“ zahlreiche weitere Informationen kostenlos als PDF-Dokumente heruntergeladen werden. Neben einer Übersicht über die unterschiedlichen Bio-Siegel gibt es hier auch Ernährungskalender, die Tipps zu einer ausgewogenen und altersgerechten Ernährung sowie praktische Rezepte enthalten.

admin
Author: admin

Diesen Beitrag teilen:

Das könnte Sie auch interessieren:

Kalender
Loading...