„Ihr Sohn leidet an Muskeldystrophie vom Typ Duchenne – er ist unheilbar krank“. Eine erschütternde Diagnose, die das Leben einer Familie schlagartig und dauerhaft verändert. Duchenne Muskeldystrophie (DMD), auch erblicher Muskelschwund genannt, ist eine so genannte seltene Krankheit, an der fast nur Jungen leiden. Etwa 3000 Betroffene gibt es in Deutschland. Mit der von Tag zu Tag schwindenden Muskelkraft verlieren die Kinder die Gehfähigkeit, sodass sie ab etwa 10 Jahren dauerhaft auf einen Rollstuhl angewiesen sind. Älter als 30 Jahre werden Duchenne-Patienten nur selten. Hinzu kommt, dass nur wenige Pharmaunternehmen in die Forschung investieren. Doch nicht nur die fehlenden Heilungsmöglichkeiten machen den betroffenen Familien das Leben schwer. Auch fehlende Akzeptanz und Integration in die Gesellschaft belasten die kleinen Patienten zusätzlich zur extremen körperlichen Einschränkung. Die Eltern stehen meist hilflos irgendwo zwischen Herausforderung und Überforderung. Aus einer solchen Situation heraus entstand 1996 die Selbsthilfegruppe „aktion benni“ durch die Familie Over, deren Sohn Benni an Duchenne Muskeldystrophie erkrankt ist. „Die Familie wollte etwas verändern und nicht nur tatenlos zusehen. Sie sammelte Spenden, um die DMD-Forschung zu forcieren“, erzählt Silvia Hornkamp, die für die Geschäftsführung des inzwischen eingetragenen Vereins „aktion benni & co e.V.“ zuständig ist.
Mit der Zeit wurden immer mehr Betroffene, die seit langem Beratung und Erfahrungsaustausch suchten, auf den Verein aufmerksam. 2010 wurde aus Rücklagen die Deutsche Duchenne Stiftung gegründet, um dem wachsenden Beratungsbedarf gerecht zu werden.
Die Familien suchen in vielen Situationen Hilfe. „Beginnend bei der Verarbeitung der Diagnose über die Suche nach passenden Ärzten oder Schulen bis hin zu den kritischen Momenten, ab denen das Kind endgültig die Gehfähigkeit verliert oder dauerhaft beatmet werden muss“, zählt Frau Hornkamp auf. Sie spricht dabei aus eigener Erfahrung. Ihr 19-jähriger Sohn Richard ist ebenfalls an Duchenne erkrankt.
Neben der Beratung stecken die Mitglieder der Deutschen Duchenne Stiftung und von „benni & co“ viel Herzblut in die Öffentlichkeitsarbeit. Die Motivation dahinter ist auch bei Frau Hornkamp deutlich zu spüren: „Unsere Jungs sind eine Bereicherung und wollen an der Gesellschaft teilhaben. Dafür müssen wir Verständnis und Anerkennung in der Öffentlichkeit schaffen.“ Auf Benefizveranstaltungen wie Spendenläufen und Konzerten macht „benni & co.“ auf die DMD-Patienten aufmerksam und sammelt Spenden, mit denen die Duchenne-Forschung vorangetrieben werden soll.
Jährlich kommen so rund 150.000 Euro zusammen, die „benni & co.“ der Forschung zur Verfügung stellt. Die Duchenne Stiftung vergibt jährlich einen Forschungspreis an DMD-Forscher, der mit 50.000 Euro dotiert ist. Unterstützt werden Arbeiten, die eine Verbesserung der Lebensaussicht von Duchenne Patienten ermöglichen, neue Therapien und Medikamente zum Ziel haben und unterstützende Hilfsmittel wie Rollstühle, Armroboter oder Beatmungsgeräte verbessern. Davon profitieren vor allem ältere Patienten. Denn mit fortschreitender Erkrankung verlieren sie die Fähigkeit, selbstständig zu essen und zu atmen. „Dennoch sprühen unsere Jungs nur so vor Lebensfreude“, erzählt Silvia Hornkamp. „Wir haben sie bei fast jeder Veranstaltung dabei und oft übernehmen sie auch kleinere Aufgaben.“ Schon solche scheinbaren Kleinigkeiten erhöhen die Lebensqualität erheblich.
Das wohl Bedeutendste, das „benni & co“ bietet, ist die Vermittlung von Kontakten und dass den betroffenen Familien das Gefühl gegeben wird, nicht mehr allein zu sein mit der Krankheit und den Folgen. Besonders wichtig ist dieses Zusammengehörigkeitsgefühl in der schweren Stunde des Abschieds. Wer seinen Sohn durch einen frühen Tod verliert, fühlt sich oft nur von Menschen verstanden, die ein ähnliches Schicksal teilen. „Dafür bieten wir Trauerseminare mit einem erfahrenden Trauerbegleiter an, der selbst ein Kind durch eine Krankheit verloren hat und dadurch den Teilnehmern besonderes Verständnis entgegenbringen kann“, erläutert Silvia Hornkamp. Die Eltern haben dabei die Chance, von anderen Eltern zu lernen und ihre Trauer individuell zu verarbeiten.
Neben allen Beratungsangeboten und Forschungsgeldern ist eben dieses Zusammengehörigkeitsgefühl das, was „benni & co“ und die Duchenne-Stiftung ausmacht. Besonders intensiv lässt sich dieses Gefühl auf Veranstaltungen wie dem Kemnader Burglauf erleben. Dort engagieren sich jährlich über tausend Läufer, vom Familienvater über den Firmenchef bis zur Studentin zusammen für den guten Zweck. Auch 2015 umrundeten Väter von Duchenne-Jungen und Menschen, die noch nie mit Duchenne in Kontakt gekommen sind, Seite an Seite die Strecke und erliefen zusammen mit weiteren Spenden 23.223 Euro. In diesem Jahr findet die 11. Auflage des Kemnader Burglaufs am letzten Sonntag im August statt. Eine Anmeldung ist im Vorfeld online unter www.aktionbenniundco.de möglich. Dort finden Sie außerdem weitere Informationen, spannende Einblicke in die Arbeit von „benni &co.“ und natürlich Ansprechpartner.
Für die Zukunft wünscht sich Silvia Hornkamp eine Verbesserung der Lebensaussicht und Lebensqualität von Duchenne-Patienten und die weitere Sensibilisierung der Gesellschaft. Dabei will sie besonders einem Motto immer treu bleiben: „Wir wollen keine Spenden über Mitleid, sondern über Anerkennung sammeln. Wir wollen Wertschätzung für unsere Jungs schaffen. Denn einen Menschen anzuerkennen und von ihm zu lernen, macht uns letztendlich aus.“
SPENDENKONTO
Sparkasse Bochum Kontonummer: 427 724 Bankleitzahl: 430 500 01 IBAN:DE67 4305 0001 0000 4277 24 BIC: WELADED1BOC
Autorin: Bettina Fischer