Unsere Gesellschaft ist bunt! Und diese Tatsache ist inzwischen auch in der Buchwelt angekommen. Auf dem Markt sind daher zahlreiche Kinderbücher erhältlich, die auch kleinen Lesern zeigen, dass die Welt nicht nur aus Mann und Frau besteht und Familien ganz unterschiedlich zusammengesetzt sein können. Auch Geschlechterrollen und alternative geschlechtliche Identitäten finden immer mehr in der Kinderliteratur statt. Die folgenden Bücher greifen die Themen geschlechtliche und sexuelle Vielfalt spielerisch und ungezwungen auf und sensibilisieren junge Menschen für unsere diverse Gesellschaft.
Zwei Papas für Tango
Nach einer wahren Begebenheit! Roy und Silo sind zwei lebenslustige Pinguinmännchen, die im Zoo von Manhattan ihr Zuhause haben. Seit sie geschlüpft sind, sind die beiden richtig dicke Freunde und unzertrennlich. Selbst nachts weichen sie einander nicht von der Seite. Mit den Pinguinmädchen hingegen wollen die beiden nicht viel zu tun haben. Dann bauen die beiden zusammen ein Nest für ein Pinguin-Baby. Die Pfleger schütteln den Kopf und wundern sich: „Das geht doch nicht!“. Doch dann passiert etwas Unerwartetes…
Bezauberndes Bilderbuch über eine etwas andere Pinguin-Familie, die sich so tatsächlich im New Yorker Zoo zugetragen hat. Die wunderschön erzählte Geschichte zeigt liebevoll und warmherzig, dass Familie nicht nur in der Konstellation Mutter-Vater-Kind funktioniert.
Zwei Papas für Tango / von Edith Schreiber-Wicke und Carola Holland / Thienemann / ISBN: 978-3-522-45847-4 / ab 4 Jahre / 14 Euro
Lotti und Otto
Eine Geschichte über Jungssachen und Mädchenkram. Die Otterkinder Lotti und Otto treffen sich im Ferienlager zum ersten Mal. Und staunen nicht schlecht, als sie feststellen, dass sie einander unglaublich ähnlich sehen. Und auch sonst verstehen sie sich super. Auch wenn Lotti lieber herumtollt und Fische fängt, während Otto mit sehr viel Herzblut backt und bastelt. Die anderen Kinder im Ferienlager finden das komisch. Backen und Nähen sind doch was für Mädchen. Und im Dreck spielen nur Jungs! Da beschließen Lotti und Otto kurzerhand, die Rollenverteilung im Feriencamp mal gehörig durcheinander zu bringen. Und alle stellen fest: egal ob Mädchen oder Junge, viel schöner ist es doch, wenn jeder Spaß hat.
Das erste Bilderbuch von Schauspielerin und Moderatorin Collien Ulmen-Fernandes verpackt in niedlichen Illustrationen die wichtige Botschaft, dass Rollenbilder und Klischees nicht darüber entscheiden sollten, was Spaß macht und erlaubt ist.
Lotti und Otto / Collien Ulmen-Fernandes / Edel Kids Books / ISBN: 9783961290086 / ab 3 Jahren / 13,99 Euro
Heinrich will brüten
Ein Hahn, der brüten will? Wo gibt’s denn sowas? Heute klappt das Krähen schon ganz gut, findet der kleine Hahn Heinrich. Na klar, ganz so laut wie Papas Krähen ist es noch nicht. Deshalb schaut auch keine der Hennen im Hühnerhof auf. Aber Heinrich fehlt die Lust, weiter zu üben. Auf die kleinen Küken aufzupassen, stellt er sich viel lustiger vor. Die sind so niedlich klein, flauschig und tapsig. Die Hennen im Stall aber heben die Augenbrauen: Ein Hahn, der auf die Küken achtgeben will? Und als Heinrich dann auch noch auf die Idee kommt, ein Ei ausbrüten zu wollen, ist der ganze Hühnerhof baff. Auf so eine Idee ist noch nie ein Hähnchen gekommen. Aber Heinrich lässt sich nicht beirren, schnappt sich ein Ei und legt los.
Die Geschichte von Hähnchen Heinrich, der ein Ei seiner Mutter ausbrütet und zum brütenden Bruderpapa wird, spielt liebevoll mit klassischen Rollenbildern und Geschlechterklischees. Warum sollte ein Hahn nicht gleichzeitig brüten, Küken hüten und krähen können? Ein witzig und liebevoll von Nikolai Renger illustriertes Bilderbuch, das nicht nur eine Geschichte über Mut zum Anderssein, der Suche nach versteckten Talenten und dem Ausbrechen aus gesellschaftlichen Rollen erzählt, sondern sich auch als Aufhänger anbietet, um mit Kindern über die eben genannten Themen zu sprechen und sie zu sensibilisieren.
Heinrich will brüten! / Anette Thumser & Nikolai Renger / magellan / ISBN: 978-3-7348-2056-4 / 14 Euro / ab 3 Jahren
Der Katze ist es ganz egal
Leo wacht eines morgens auf und weiß auf einmal ganz genau, dass er Jennifer ist. Leider versteckt sich Jennifer in Anwesenheit von Papa so tief in der Leo-Hülle, dass sie sich selbst nicht sicher ist, ob sie noch da ist. Zusammen mit Anne und dem dicken Gabriel vor dem Schultor kommt Jennifer dann von ganz allein zurück und stellt sich vor. Dem dicken Gabriel fallen sofort viele tolle Kleider ein, die Jennifer bestimmt stehen würden und Anne verspricht, von ihrer Cousine ganz viele Frisuren zu lernen. Eigentlich ganz einfach: ein Mädchen war Jennifer schon immer, nur der Name ist eben neu. Aber warum scheinen die Erwachsenen das alle nicht zu verstehen? Jennifer ist doch nur einer großen Verwechslung auf die Spur gekommen. Und jetzt grunzt der Papa nur noch und redet nicht mehr, die Mama schimpft mit dem Papa, und während beide streiten, wird Jennifer fast von ganz allein wieder zu Leo. Dabei muss es doch gehen, dass Jennifer einfach sie selbst sein kann. Das finden Stella mit der Glatze, der dicke Gabriel und Anne auch – und kurzerhand beschließen sie, die Angelegenheit selbst in die Hand zu nehmen. Nur wie kann man etwas am besten so sagen, dass es auch die Erwachsenen verstehen?
Ein Buch, dass sich locker-leicht und witzig einem wichtigen Thema annähert. Es erzählt unverblümt, ehrlich und dabei erfrischend offenherzig und lebensnah, wie es sich für ein Kind anfühlt, wenn der biologische Körper irgendwie nicht zu dem passt, wie man sich im Inneren fühlt. Aber auch die Gefühlswert der Eltern wird nicht ausgelassen und zeigt die gesamte Palette von Unsicherheit und Unverständnis bis hin zu Angst, aber auch Verständnis und bedingungsloser Liebe. Eine Geschichte, die dazu anregt, seinem Herzen zu folgen und die sicherlich auch Gesprächsstoff zum sehr bedeutsamen Thema (Gender-) Identität liefert.
Der Katze ist es ganz egal / Franz Orghandl / Klett Kinderbuch / ISBN: 978-3-95470-231-2 / 13 Euro / ab 9 Jahren
Mein Bruder heißt Jessica
Sam schaut zu seinem Bruder Jason auf. Er ist mit dem hübschesten Mädchen der Schule zusammen, spielt großartig Fußball, ist beliebt und kümmert sich liebevoll um Sam. Während ihre vielbeschäftigten Eltern die Brüder eher wie Luft behandeln, sind Jason und Sam unzertrennlich. Doch irgendwann verändert sich Jason. Sam kann nicht genau ausmachen, was sich verändert. Aber Jason zieht sich zurück, wird abweisend und wirkt mit jedem Tag trauriger.
Dann irgendwann setzt Jason sich zu seinen Eltern und seinem Bruder ins Wohnzimmer und verrät sein Geheimnis. Es gebe etwas, was ihm schon lange bewusst sei, etwas, was ihn betreffe und womit er nicht ganz klarkomme. Er habe es schon als kleines Kind gespürt, aber versucht es zu verdrängen. Aber jetzt sei die Zeit, den Leuten ehrlich zu sagen, was los sei. Und mit einem Mal kühlt sich das Verhältnis zwischen Jason und seinen Eltern noch weiter ab. Und auch Sam hat das Gefühl, sein Bruder entferne sich immer mehr von ihm.
Das Buch erzählt einfühlsam und ehrlich vom Impact eines Coming-Out aus der Sicht eines kleinen Bruders, für den der geliebte große Bruder „plötzlich“ zur Schwester wird. Es erzählt von Unsicherheit, Ablehnung und dem Gefühl, sich zwanghaft am Alten festzuklammern und der allmählichen Annäherung an das Thema Transgender und der kontinuierlich wachsenden Akzeptanz.
Mein Bruder heißt Jessica / John Boyne / KJB / ISBN: 978-3-7373-4219-3 / 14 Euro / ab 12 Jahren
Author: Bettina Fischer
Ich bin Bettina, Jahrgang 1995 und seit 2015 beim REVIERkind. Alles hat mit einem Redaktionspraktikum angefangen. Und weil ich mich bei den Mädels so wohl gefühlt habe, bin ich nach dem Praktikum einfach geblieben. Ich unterstütze unsere liebe Julia bei der redaktionellen Arbeit für unsere Magazine und bei der Pflege unserer Homepage. Außerdem stapeln sich rund um meinen Schreibtisch jede Menge Kinderbücher, da ich unsere Medientipps betreue. Nebenbei bin ich noch Glücksfee und ziehe die Gewinner unserer Verlosungen.