Seit dem 16. März 2020 sind die Schulen in NRW immer mal wieder geschlossen oder es findet Wechselunterricht statt. Innerhalb dieser Zeit wird der Unterricht nach Hause verlagert – und gezwungenermaßen auch in den digitalen Raum. Viele Schulen haben Mailing-Listen eingerichtet, um die Schülerinnen und Schüler mit Aufgaben und Material zu versorgen. Vielerorts werden digitale Lern- und Gruppenräume genutzt und Chats und Unterricht per Podcast oder Videokonferenzen ausprobiert. Gegebenenfalls sind unter diesen Umständen das Lernpensum und die Menge des vermittelten Unterrichtsstoffs deutlich reduziert. Das bietet Raum für Wiederholung von Stoff, der vielleicht noch nicht so gut sitzt und die Vertiefung von bereits Gelerntem. Dabei können Lernprogramme oder Apps unterstützen. Sie können auch dabei helfen, sich neue Unterrichtsinhalte eigenständig zu erarbeiten. Aber woran erkenne ich seriöse Anbieter? Und was kosten die Apps? Wir bieten eine Übersicht, Tipps zum Umgang mit Lern-Apps und Hilfestellungen für das Lernen zuhause.
Das Angebot an Lern-Apps ist vielseitig. Es gibt Apps zum Üben von Kopfrechnen oder Englischvokabeln, Nachhilfe-Apps, Erklärvideos, animierte Geschichten zu Themen aus Politik, Gesellschaft oder Geschichte oder musische und künstlerische Apps. Oft verbinden die Programme den Lerninhalt mit spielerischen Elementen und schaffen über Belohnungssysteme Anreize, am Ball zu bleiben. Das kann spaßiger und abwechslungsreicher sein, als die Bearbeitung eines Kapitels im Schulbuch, das Lösen eines Arbeitsblattes oder das Pauken von Vokabeln mit einem Vokabelheft. Außerdem können auf digitalem Weg auch unterschiedliche Lerntypen angesprochen werden. So lernen manche Kinder besser übers Zuhören, andere über graphische Elemente und wieder anderen liegt insbesondere das spielerische Lernen oder die Verbindung zu alltäglichen Situationen.
Darauf sollten Sie achten
- Altersangabe der App
- Sind sogenannte In-App Käufe, d. h. der Kauf kostenpflichtiger Inhalte direkt über die App möglich? Wenn ja, dann sollte die Funktion nur im Eltern-Bereich möglich oder abschaltbar sein
- Werbefreiheit der App
- Datenschutz und Privatsphäre: Überliefert die App Daten an Dritte? Welche Zugriffsberechtigungen (z. B. Kamera, Mikrofon, Telefonkontakte etc.) verlangt die App bei der Installation? Sind diese für die Funktion zwingend notwendig?
- Ist die App auch offline nutzbar?
- Ist das Design kindgerecht und die Bedienung leicht verständlich?
- Wer steckt hinter der App? Viele Apps wurden in Zusammenarbeit mit Universitäten, Schülern und Lehrern entwickelt und sind qualitativ sehr hochwertig
Bei kostenpflichtigen Angeboten auf die Bedingungen achten
Aus gegebenem Anlass bieten derzeit viele kommerzielle Anbieter von Lernprogrammen und –Apps ihre Produkte als kostenlose Demo-Versionen an oder verlängern die kostenlose Test-Phase. Das kann helfen, sich einen Überblick über die zahlreichen Angebote zu verschaffen. Achten Sie bei Abschluss eines Test-Abos aber unbedingt die Bedingungen. Bei einigen Apps verlängert sich das Abo automatisch nach der Testphase, falls sie nicht rechtzeitig kündigen und wird dann kostenpflichtig. Achten Sie auch auf die Laufzeiten von Bezahlmodellen. Der Abschluss einer Jahresmitgliedschaft ist zwar über das Jahr gesehen oft günstiger, aber vielleicht möchten Sie die App gar nicht so lange nutzen? Dann ist es gegebenenfalls günstiger, das Angebot monatlich zu zahlen. Aber schauen Sie genau hin: einige Apps verlangen wöchentlich Gebühren für die Nutzung. Achten Sie auch darauf, ob alle für Sie interessanten Funktionen in Ihrem gebuchten Paket enthalten sind, oder ob für einige davon noch zusätzliche Gebühren fällig werden. Es gibt auch Apps, für die Sie zum Erwerb der Vollversion nur einmal zahlen müssen und anschließend Zugriff auf alle Funktionen haben.
Checkliste kostenpflichtige Angebote
- Welche Funktionen umfasst die Test-Version/ die kostenlose Basis-Version? Und wann endet sie?
- Endet die kostenlose Laufzeit automatisch, oder muss sie aktiv gekündigt werden?
- Welche Kündigungsfristen müssen Sie einhalten?
- Wie können Sie kündigen (Brief, Mail, telefonisch, per App)?
- Verlängert sich das Abo nach Laufzeitende automatisch? Wenn ja, wie lange?
- Handelt es sich um eine einmalige Zahlung oder um ein wöchentliches, monatliches oder jährliches Bezahlmodell?
- Bleiben die Kosten gleich? Oder steigen die Gebühren beispielsweise nach dem ersten Monat/ dem ersten Jahr?
Tipps für das Lernen zuhause
Die derzeitige Situation verlangt uns allen viel ab. Vergessen Sie als Eltern dabei jedoch nicht, dass nicht von Ihnen verlangt wird, das Lehrpersonal oder die Schule komplett zu ersetzen. Versuchen Sie vielmehr, ihre Kinder zu motivieren und beim Lernen zu unterstützen. Einige Tipps dazu haben die Schulpsychologen Kristina Timm und Philipp Deing von der Regionalen Schulberatungsstelle des Kreises Borken und Dr. Sascha Borchers, Fachbeauftragter für Schulpsychologie bei der Bezirksregierung Münster auf den Internetseiten der Bezirksregierung Münster veröffentlicht.
Sie empfehlen, dass Eltern sich nicht als Schulersatz oder Lehrkraftersatz sehen sollten, sondern vielmehr als Unterstützer und Begleiter ihrer Kinder. Und zwar im Rahmen ihrer Möglichkeiten und so gut es eben geht – und nicht darüber hinaus.
Eine regelmäßige Tagesstruktur mit einigermaßen festen Zeiten zum Schlafen, Aufstehen, Essen, Lernen und Bewegen und Spielen gibt Halt. Verlangen Sie von Ihren Kindern keine stundenlangen Lerneinheiten. Erlauben Sie Zeiten zum Entspannen. Es kann helfen, am Anfang der Woche eine To-Do-Liste bzw. ein Hausaufgabenheft anzulegen, in dem nach Fächern sortiert die Aufgaben vermerkt werden, die erledigt werden müssen. Werfen Sie jeden Tag gemeinsam einen Blick auf die Liste und entscheiden Sie, was Sie heute bearbeiten möchten. So behalten Sie und Ihre Kinder einen Überblick, was noch getan werden muss, welche Aufgaben wann erledigt werden müssen – aber auch, was sie schon geschafft haben. Notieren Sie am besten auch, in welcher Form und wann die Aufgaben gegebenenfalls abgegeben werden müssen und wo die Unterlagen zur jeweiligen Aufgabe zu finden sind.
Beachten Sie, dass Kinder mehr Zeit brauchen, ein Thema zu vertiefen, zu wiederholen und anzuwenden, als es zu erarbeiten. Es sollte also nicht darum gehen, ein Kapitel nach dem anderen abzuarbeiten, sondern lassen Sie sich ausreichend Zeit zum Festigen und Vertiefen des jeweiligen Themas. Dabei können Lern-Apps und –Programme und Webseiten helfen. Einige Vorschläge finden Sie weiter unten in diesem Artikel.
Scheuen Sie sich nicht, zuzugeben, wenn Sie den Lerninhalt selbst nicht verstehen. Wenn Sie in dieser Situation krampfhaft versuchen, Ihrem Kind den Stoff zu vermitteln, könnten Sie es eher verwirren, statt zu helfen. Kontaktieren Sie in diesem Fall stattdessen die zuständige Lehrperson auf den zuvor ausgemachten Kommunikationswegen (z.B. per Chat, Telefon oder E-Mail). Unterstützen Sie Ihr Kind dabei, seine Fragen zu konkretisieren und zu formulieren. Vielleich kann Ihnen die Lehrkraft alternative Erkläransätze oder weiterführendes Material liefern oder Sie recherchieren selbst im Internet. Nutzen Sie die Situation, um sich gemeinsam mit Ihrem Kind den Sachverhalt zu erarbeiten. Dieses gemeinsame Lernen und Forschen kann ein Kind sehr motivieren und dazu führen, dass es sich das Gelernte besser merken kann.
Eine Auswahl an Lern-Apps und –Programmen
Im Folgenden möchten wir Ihnen einige Apps, Programme und Webseiten vorstellen, mit denen Sie das Lernen zuhause unterstützen können und mit denen Kinder sich selbst den Unterrichtsstoff erarbeiten können oder Wissen vertiefen können.
Englisch
- www.englisch-hilfen.de: viele Informationen zur englischen Sprache, online Vokabeln lernen, Grammatik üben, Regeln noch einmal ansehen, auf eine Prüfung vorbereiten, Informationen für Präsentationen finden, Tests machen, einfach nur mal spielen – mit mehr als 1000 Online-Übungen, die direkt im Browser gelöst und bewertet werden
Mathematik
- https://sikore.schiffner-tischer.de/: anhand eines zuvor eingestellten Schwierigkeitsgrades werden Kettenaufgaben (mit dem Ergebnis der ersten Aufgabe wird in der zweiten weitergerechnet usw.) generiert, die entweder direkt im Browser gelöst oder als Arbeitsblatt ausgedruckt werden können. Bei der Bearbeitung im Browser wird direkt angezeigt, ob eine Aufgabe richtig gelöst wurde
- mathe.aufgabenfuchs.de: animierte und grafische Erklärungen und Übungen zu zahlreichen Themen der Mathematik, aber auch zu einzelnen Themen aus den Fächern Erdkunde und Geschichte
Physik
- www.leifiphysik.de: umfasst altersgerechte Materialien für den Physikunterricht von der Klasse 5 bis zum Abitur, entsprechend der jeweiligen Lehrpläne aufbereitet für alle Bundesländer. In 12 Teilgebieten mit ca. 100 Themenbereichen werden physikalische Fragestellungen von der Lichtbrechung bis hin zum deterministischen Chaos besprochen. Insgesamt zählt das Portal über 8300 einzelne Seiten und beinhaltet ca. 18.000 Abbildungen und animierte Simulationen