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Lernen, aber wie?

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Manche Kinder können den Moment, da sie ihr Halbjahreszeugnis endlich in Händen halten, vor Freude kaum erwarten. Andere hingegen fürchten ihn. Sie wissen oder ahnen, dass ihre Schulnoten auch zuhause keine Freudensprünge auslösen werden. Vielfältig sind die Gründe, weshalb ein Kind schlechte Schulnoten nach Hause bringt, ebenso breit gefächert die Methoden zum Lernerfolg. In jedem Fall sollten Eltern erst einmal die Ursachen für den Misserfolg erforschen, bevor sie Leistungsdruck aufbauen oder das nächstgelegene Nachhilfeinstitut ansteuern.

Ohne Motivation funktioniert Lernen nicht

Der Motor zum Lernerfolg ist die Motivation. „Wer nicht motiviert ist, lernt nicht – gleichgültig wie intelligent er ist, welche Schule er besucht und welche Lehrer er hat“, sagt Professor Dr. Volker Ladenthin vom Bonner Zentrum für Lehrerbildung (BZL) an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Demnach dürften Kinder von Natur aus kein Lernproblem haben. Schließlich befinden sie sich in der intensivsten Lernphase des Lebens. Alles wollen sie erforschen und spielerisch erfahren, wie ihr Umfeld tickt. Dabei nehmen sie ihre „Arbeit“ sehr ernst: Konzentriert entwickeln Kinder neue Spiele mit variantenreichen Regeln, sammeln auf dem Schulweg einen interessanten Käfer auf, laufen querfeldein durch den Wald oder bauen sich eigene Hütten. Genauso interessiert sind Kinder eigentlich auch daran, die Welt über das Rechnen, Lesen und Schreiben zu erobern. Doch stellt sich in der Schule oft das Problem oder – je nach Perspektive – die Herausforderung, „die angeborene Lernmotivation auf jenen Gegenstand zu richten, den man lernen soll“, sagt Professor Ladenthin. Dann zählt eben nicht mehr, was in dem Moment primär das Kind will, sondern was der Lehrer vorgibt. Und ob es sich darauf einlassen kann.

Lernen mit allen Sinnen

Doch wie lernt man am besten? Das ist individuell verschieden, zudem altersabhängig. Kinder etwa lernen am erfolgreichsten, wenn sie möglichst viele Sinne daran beteiligen können – sie lauschen, schauen, schmecken, riechen und greifen. Und sie scheuen dafür keine Bewegung, rutschen zigmal die Rutsche hinunter und klettern sie immer geschickter wieder hinauf. Grundsätzlich sprechen Pädagogen von vier Lerntypen. Je nachdem, über welche Sinnesorgane der oder die Lernende am besten „erreichbar“ ist, unterscheidet man zwischen:

  • Visueller Lerntyp: Was er sieht, lässt sich für ihn besser erlernen. Denn das Auge ist sein entscheidendes Sinnes- beziehungsweise Lernorgan. Eine mündliche Erklärung am Telefon hilft ihm wenig, dafür umso mehr eine Skizze über den Lernstoff.
  • Auditiver Lerntyp: Wer über das Zuhören am besten abspeichert, der sollte sich den Lernstoff etwa ins Smartphone diktieren und immer wieder anhören. Auch hilft ständiges Vorlesen der Lerninhalte.
  • Kommunikativer Lerntyp: Kommunikation steht für ihn an erster Stelle, geht es um erfolgreiches Lernen. Er muss das zu Lernende immer wieder vortragen und diskutieren – am besten in einer Lerngruppe.
  • Motorischer Lerntyp: Für ihn gilt „Learning by doing“. Er geht beim Lernen gern auf und ab. Auch baut er sich Modelle oder erfindet Experimente, um den Lernstoff zu verinnerlichen.

Wer seinen Lerntyp noch nicht kennt, findet dazu etliche Tests im Internet. Zu bedenken ist, dass Lernende in der Regel „Mischtypen“ sind und Lernstoff nicht ausschließlich über einen Kanal aufnehmen. Eine Ansprache über mehrere Sinne ist deshalb oft sinnvoll.

Individuelle Lernbedingungen kennenlernen

Darüber hinaus spielt auch der Faktor „Zeit“ eine große Rolle, ob ein Mensch mehr oder weniger erfolgreich lernt. Manche Menschen brauchen Zeitdruck, um konzentriert zu pauken, andere hingegen müssen Tage oder Wochen vor einem Test anfangen zu lernen, um in Ruhe alle Lektionen zu verinnerlichen. Auch das Drumherum ist entscheidend: Manche Schüler lernen am besten mit Hintergrundmusik, andere brauchen absolute Ruhe und lassen sich schon durch Niesen im Nachbarzimmer aus dem Konzept bringen. Um die idealen äußeren Lernbedingungen zu finden, braucht man Zeit und Geduld, Kreativität und Freude am Experimentieren.

Wer das Lernen gelernt hat und motiviert ist, verfügt schon mal über gute Voraussetzungen. Auf dem Weg in die Erfolgsspur können aber noch weitere Hindernisse stören: zu hohe Erwartungen der Eltern und damit eine Überforderung des Kindes. Mütter und Väter sollten hinterfragen, warum sie welche Erfolge erwarten. Wollen sie, dass ihr Kind später Medizin studiert und die elterliche Arztpraxis übernimmt? Oder können sie akzeptieren, dass der Nachwuchs stattdessen lieber Automechatroniker wird? Das Kind in seinen individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten zu sehen und zu akzeptieren ist ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg. Zudem hilft eine stabile Situation zuhause, wo Konflikte besprochen und offen beigelegt werden. Das stärkt die Konzentration und Ausgeglichenheit aller Familienmitglieder.

An erster Stelle steht das Kind

„Wenn man die Ursache herausgefunden hat, warum das Lernen nicht die berechtigten Erwartungen erfüllt, kann man nach den Methoden suchen, die beim Lernen helfen“, sagt Professor Ladenthin. Der Bonner Erziehungswissenschaftler rät, dabei genau hinzuschauen und abzuwägen: „Wer Konzentrationsstörungen hat, wird in der Gruppe kaum sinnvoll lernen können. Er wird sich und andere weiterhin ablenken.“ Oder: „Wer nicht genügend Lerntechniken kennt, braucht einen Fachmann, also jemanden, der erklärt, wie man Vokabeln lernt oder physikalische Probleme löst.“

In jedem Fall steht an erster Stelle der Rettungskette das Kind selbst. Professor Ladenthin empfiehlt, mit ihm ein ruhiges Gespräch zu führen und folgende Frage in den Fokus zu rücken: „Warum hat das Lernen für dich keinen Sinn?“ Wer bei der Antwort geduldig und ergebnisoffen zuhört, wird höchstwahrscheinlich erfahren, was los ist. Die meisten Kinder spüren genau, warum sie nicht wie gewünscht lernen (können). Erhalten Eltern jedoch nur eine lapidare Antwort wie „Ich habe halt keinen Spaß an der Schule!“, so sollten sie nachhaken: „Was macht dir sonst Spaß?“ und „Warum macht es dir Spaß?“

In einem nächsten Schritt könnten Eltern die befreundeten Klassenkameraden ihres Kindes ansprechen und dann organisieren, dass sich der Freundeskreis zukünftig auch zum Lernen trifft. Zusammen mit Freunden macht das Lernen oft wieder Spaß. Hilft das gemeinschaftliche Lernen nicht, ist ein Gespräch mit dem Klassenlehrer angebracht. Vielleicht kennt er Gründe, weshalb sich das Kind in der Schule schwertut, und kann den Eltern Tipps geben, wie sie ihren Nachwuchs altersgerecht im Lernen fördern. Sieht der Experte die Ursache für den ausbleibenden Lernerfolg in einer Unter- oder Überforderung des Kindes, so ist keine weitere Zeit zu verlieren. Eltern sollten dann handeln.

Überforderte Kinder kann ein Wechsel in die darunter-liegende Klasse entlasten, so dass sie wieder mit Freude die Schule besuchen, statt sich durch unverständlichen Lernstoff zu quälen, Unwissen anzuhäufen und den Kontakt zum Klassenleistungsniveau weiter zu verlieren. Wer andererseits Mathematikformeln und Englischtexte schon nach der ersten Erklärung verstanden hat, langweilt sich schrecklich bei weiteren Übungen. Auch hier sinkt der Spaß am Lernen bedrohlich. Es gibt Lehrer, die sehr begabten Kindern dann Zusatzaufgaben geben. Oder sie empfehlen, eine Klasse zu überspringen. Bei entsprechend hoher Intelligenz kann auch der Wechsel auf ein Internat für Hochbegabte erwogen werden. Zur besseren Einschätzung sollten sogenannte „Überflieger“ in jedem Fall einen Intelligenztest machen. Den führen unter anderem Schulberatungsstellen durch.

Beratung bei Leistungsproblemen und Verhaltensauffälligkeiten

Solche Beratungsstellen sind ohnehin ein wichtiger Anlaufpunkt für Eltern und ihre Kinder, wenn sie sich neutral – also außerhalb der Schule – beraten lassen wollen. Schulberatungsstellen gibt es in sämtlichen Gemeinden und Städten. Die Psychologen beraten bei Schulleistungsproblemen ebenso wie bei schulischen Verhaltensauffälligkeiten oder Konflikten mit Lehrern und Schülern. Sie geben Tipps zum Lernen und erfolgreichen Hausaufgabenmachen. Außerdem wägen sie mit den Eltern und Schülern die richtige Schulwahl ab. Träger ist die jeweilige Kommune.

Hilfe durch Nachhilfe

Eltern, die sich nach Gesprächen mit Kind und Lehrern für Nachhilfeunterricht entscheiden, haben eine große Auswahl. Vor allem in den Städten gibt es immer mehr Nachhilfeinstitute und -schulen. Sie kümmern sich längst nicht mehr nur um ältere Schüler auf dem Weg zum Abitur. Nein, sie stehen auch schon jungen Grundschulkindern offen. Die Nachhilfeeinrichtungen versprechen meist individuelle, kompetente und ganzheitliche Unterstützung. Dank Internet kann man sich die vielfältigen Angebote bequem vom häuslichen Rechner aus anschauen. Selbst privat organisierte Nachhilfelehrer sind online leicht zu finden. Sie stellen sich auf speziellen Nachhilfeportalen vor: vom klugen Oberstufenschüler über die begabte Studierende bis hin zum nebenbei jobbenden Studienrat. Die Auswahl ist groß, die Honorarspanne breit.

Ob die Nachhilfe schließlich zum Erfolg führt, ist immer auch eine Frage der Erwartung. Professor Ladenthin meint: „Über die Qualität entscheidet die Zufriedenheit der Schülerinnen und Schüler: Haben sie subjektiv das Gefühl, dass ihnen das Lernen wieder Freude bereitet und sich ein sichtbarerer Erfolg einstellt?“ Dabei müsse sich der Erfolg nicht gleich in der verbesserten Schulnote zeigen, erklärt der Erziehungswissenschaftler. „Er könnte auch darin liegen, wieder gern zur Schule zu gehen.“ Damit stiegen der Spaß und schließlich auch wieder die Motivation, Neues zu erfahren und zu erlernen.

Es gibt also viele Möglichkeiten, Kinder bei Lernschwierigkeiten zu unterstützen, sobald die Ursache des Misserfolges offenliegt. Mit Ruhe und Bedacht sollte man dann über die Art der Lernunterstützung beziehungsweise Nachhilfe entscheiden: ob einzeln oder in der Gruppe, mit Eltern oder einem Nachhilfelehrer an der Seite, zuhause im vertrauten Kinderzimmer oder außerhalb in einem Nachhilfeinstitut. Schließlich kann die Entscheidung wegweisend sein: weg vom Albtraum „Schulzeugnis“ hin zum Traumberuf des Kindes.

Angelika Staub

 

 

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