Das große Thema Stillen: Medizinisch ist längst bewiesen, dass Muttermilch sowohl der Entwicklung des Kindes als auch der Gesundheit der Mutter zuträglich ist. Dennoch werden in Deutschland laut dem Hebammenverband nur 14 Prozent der Säuglinge bis zum sechsten Monat ausschließlich gestillt oder mit Muttermilch ernährt. Der Druck auf Mütter, sowohl von innen als auch von außen, ist enorm – und genau hier liegt das Problem.
„Willst du wirklich hier stillen?”
In der Öffentlichkeit wird Stillen oft noch als Tabu betrachtet. Studien zeigen, dass mehr als ein Zehntel der Bevölkerung das Stillen an öffentlichen Orten nicht akzeptabel empfindet. Zwei Drittel aller stillenden Mütter haben bereits negative Reaktionen erhalten, wenn sie ihr Kind in der Öffentlichkeit stillten.
Besonders Frauen, die ihre Kinder langzeitstillen, haben häufig mit Anfeindungen zu tun, erklärt die freiberufliche Hebamme Alexa Meier (Name von der Redaktion geändert). „Sobald Kinder laufen, reden und essen, wird der Druck von außen besonders hoch. Viele Menschen verstehen nicht, dass es beim Langzeitstillen nicht mehr primär um die Nahrungsaufnahme, sondern um die Bindung und das Beruhigen geht.”
„Bin ich eine schlechte Mutter?”
Andererseits müssen sich Mütter oft harscher Kritik stellen, wenn das Stillen anfangs nicht wie erhofft funktioniert oder sie sich bewusst gegen das Stillen entscheiden. „Was gerne vergessen wird: Manchmal macht auch die Anatomie einen Strich durch die Rechnung z. B. bei nicht ausreichendem Brustdüsengewebe oder starken Schlupfwarzen. Aber auch Vorerkrankungen wie Brustkrebs oder HIV sowie negative körperliche Erfahrungen machen das Stillen oft unmöglich“, erklärt Alexa Meier.
Wann immer es zu Komplikationen kommt, sind Mütter gut darin beraten, ihren Arzt oder die Hebamme aufzusuchen. Hilfsmittel, um die Milchproduktion zu steigern oder die Brustwarzen zu schonen gibt es im Handel. „Abgesehen davon, bleibt es immer die individuelle Entscheidung der Frau, zu stillen oder nicht”, ergänzt die Hebamme.
Damit es dann aber, wie gewünscht, auch klappt, sei es das Wichtigste, Ruhe zu bewahren: „Durch das Stresshormon Adrenalin wird die Oxytocin-Ausschüttung gehemmt, die für den Milchspendereflex benötigt wird, aber auch die Bindung stärkt und glücklich macht.”
Nationale Strategie zur Stillförderung
Um die Situation stillender Frauen zukünftig zu verbessern, widmet sich auch die Politik dem Thema Stillen. Mit der Absicht, Deutschland zu einem stillfreundlicheren Land zu machen, hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) bereits 2021 eine nationale Stillförderungsstrategie entwickelt. Veränderungen sollen vor allem auf struktureller Ebene stattfinden.
Hierzu gehören sowohl Unterstützungsangebote und gesetzliche Rahmenbedingungen als auch Versorgungsstrukturen, die das Stillen erleichtern, sowie Stillberatungen. Gute Erfahrungen und spezifische Angebote, wie Stillanleitungen in Geburtskliniken oder im Rahmen der Nachsorge, beeinflussen den Stillbeginn positiv, so das BMEL.
Die diesjährige Weltstillwoche, die vom 30. September bis zum 6. Oktober 2024 unter dem Motto „Stillfreundliche Strukturen. Für alle” stattfindet, unterstützt diese Bemühungen durch zahlreiche Informationskampagnen, lokale Initiativen und digitale Workshops.
Unterstützungsangebote
Auch außerhalb der Aktionswoche bieten viele Entbindungsklinken eine ambulante Stillberatung durch ausgebildete Still- und Laktationsberaterinnen an. Darüber hinaus finden Mütter auch bei diesen Anlaufstellen Informationen und Rat.
Arbeitsgemeinschaft Freier Stillgruppen (AFS):
Die AFS bietet Stillgruppen, Stillberaterinnen, eine Stillhotline sowie Infomaterial zu unterschiedlichen Stillthemen.
Infos: afs-stillen.de
La Leche Liga:
Weltweite Organisation von Müttern. Die Angebote reichen von Stillgruppen und Stillberatung bis zu zahlreichen Informationsmaterialien für Mütter.
Infos: lalecheliga.de
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Author: Vanessa Wobb
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