Geräusche, Rhythmen, Melodien ohne Instrumente und nur mit dem eigenen Mund machen: Das ist Beatboxen. Carlos Malcom Howard gehört in Deutschland zu den Pionieren dieser Kunstform. Regelmäßig gibt er auch Seminare für Kinder und Jugendliche, die das Beatboxen lernen wollen. Inzwischen ist er damit so erfolgreich, dass er davon leben kann. Den REVIERteens-Jugendreportern Paul und Henri hat er verraten, was das Beatboxen für ihn ausmacht und warum es nicht nur ein Element des HipHops, sondern Teil einer unendlichen Geschichte ist.
Wie alt bist Du und seit wann beatboxt Du?
Ich bin 35 Jahre jung und beatboxe seit 1998. Damals waren das aber nur erste Versuche. Erst um 2000 herum habe ich beschlossen, jeden Tag mindestens eine Stunde zu trainieren.
Wie kam Dir die Idee zum Beatboxen?
Ich habe im Fernsehen jemanden gesehen, der Geräusche und Beats nachgeahmt hat und war sofort total fasziniert. Leider konnte mir niemand sagen, was er da gemacht hat. Ohne zu wissen, dass es Beatboxen war, habe ich einfach losgelegt. Das wollte ich unbedingt können.
Wie hast Du Beatboxen gelernt?
Damals gab es ja keine Tutorials oder Youtube. Und auch in meinem Freundeskreis konnte niemand beatboxen. Ich musste also mit dem üben, was ich mir gemerkt hatte. Meinen ersten Kontakt mit einem „echten“ Beatboxer hatte ich erst einige Zeit später in Trinidad. Dort habe ich eineinhalb Jahre bei meinem Onkel und seiner Familie verbracht, weil ich mein Englisch verbessern wollte. Mein
Cousin konnte rappen und sein Kumpel Augustus beatboxen. Danach habe ich dann versucht, möglichst viel Zeit mit ihm zu verbringen. Er hat mir allerdings nichts im eigentlichen Sinne beigebracht, sondern ich durfte nur zuhören. Zu Hause habe ich dann versucht, das Gehörte nachzuahmen. Und dann habe ich geübt. Als ich zurück in Deutschland war, sind meine Freunde fast ausgeflippt, weil ich etwas konnte, was sonst keiner konnte. Dieses Feedback hat mich natürlich gepusht. Schon bald kamen die ersten Auftritte in Jugendzentren oder bei HipHop-Veranstaltungen.
Hattest Du ein Vorbild?
Ja, Michael Winslow, den kennen einige vielleicht von der Filmreihe „Police Academy.“ Das war der Mann, den ich damals in der Fernsehshow gesehen hatte.
Hast Du einen festen Partner, mit dem Du beatboxt?
Ich habe einige Freunde, mit denen ich zusammenarbeite, z.B. Fibs und Robeat vom Urbanatix-Team. Urbanatix ist für mich immer das Highlight des Jahres. Es ist die größte Bühne für mich, man trifft viele coole Kollegen und Freunde und eigentlich sind wir eine große Familie. Manchmal treffen wir uns und sprechen über neue Beatbox-Moves und stellen uns diese gegenseitig vor. Da kann es schon einmal sein, dass wir stundenlang beatboxen.
Wie lange am Tag trainierst Du?
Normalerweise ein bis zwei Stunden. Ich nutze eigentlich auch jede Gelegenheit im Auto, wenn ich mal wieder unterwegs bin. Es gibt eigentlich keinen Tag, an dem ich nicht beatboxe.
Planst Du Deine Auftritte selber oder sagt Dir jemand, wie Du es machen sollst?
Wenn ich einen Soloauftritt habe, sagt man mir, wieviel Zeit ich habe und dann lege ich los. Ich fange langsam an und steigere mich bis zum Höhepunkt und dem Finale. Ich will den Zuschauern dann einfach zeigen, was ein Beatboxer kann. Bei einer Show wie Urbanatix muss der Auftritt aber natürlich zur Gesamtshow passen. Dann schaue ich, ob mein Part eher ruhiger oder lauter sein soll. Meine Show denke ich mir aber selbst aus.
Machst Du auch Beatboxkurse?
Ja, inzwischen sehr viele. In Schulen, für Unternehmen, an der VHS oder für Privatpersonen, z.B. als Geburtstagsüberraschung. Am Anfang habe ich mein Können nicht preisgeben wollen, das ist so wie bei einem Zauberer, der verrät seine Tricks auch nicht. Dann habe ich jedoch gemerkt, wieviel Spaß es macht, mein Können an andere weiterzugeben. Im Moment arbeite ich auch viel für Flüchtlinge und für Kinder aus sozial schwachen Verhältnissen. Generell kann sich jede Schule und Schulform bei mir melden. Ich komme dann für einen Tag vorbei und mache mit den Teilnehmern Beatboxen von A bis Z.
Für welche Altersklassen gibst Du Workshops?
Für alle ab 6 bis „unendlich“. Mein ältester Teilnehmer war 78 Jahre alt, der in seinem hohen Alter noch was dazulernen wollte. Ich sage immer: Beatboxen kennt keine Altersgrenzen und auch keine anderen Grenzen – egal, wo Du herkommst, oder wer Du bist: Beatboxen kann jeder machen und Beatboxen versteht jeder.
Was braucht man zum Beatboxen?
Das ist das Tolle, Beatboxen ist eine Art Instrument, das man kostenlos und ständig bei sich hat. Zum Beatboxen brauchst Du nur Dich selbst. Wenn man sprechen kann, kann man auch beatboxen. Man muss nur den Mund aufmachen und anfangen. Es ist egal, welche Sprache Du sprichst, ob Du Deutscher oder Chinese bist – Beatboxen hört sich überall gleich an. Man braucht also nur seine Stimme und den Willen, zu üben. Denn wie überall gilt: Übung macht den Meister – und wie ich immer sage: „Du bist Dein Limit“.
Was findest Du am Beatboxen so gut?
Das Beatboxen hat nie ein Ende, man entdeckt immer wieder einen neuen Beat. Deswegen wird es auch nie langweilig. Beatboxen ist ein Teil einer unendlichen Geschichte und man merkt schnell, dass man von Tag zu Tag besser wird. Es ist toll zu sehen, dass andere von Deinem Können fasziniert sind. Als Beatboxer bist Du komplett frei, in dem, was Du tust.